Finanzen Mindset

Was soll das nur mit diesen Trends?

Na, schon die neuesten Trends für die kommende Bikini-Session gecheckt? Und die heißesten Aktien ins Depot gelegt? Und was ist mit der Inneneinrichtung, können spontane Besuche empfangen werden – oder stellt man sich bei unerwartetem Klingeln an der Türe lieber tot? Die alte Karre muss eh schon außer Sichtweite unauffällig in einer Seitenstraße parken. Nicht das noch jemand merkt, dass man mit einem spießigen Gebrauchten unterwegs ist. Überhaupt ist Sparen doch was für Geizhälse, wie soll man denn so seinen sozialen Status präsentieren?!

Wer immer up to date sein möchte, hat ganz schön was zu tun. Nicht nur, dass man immer am Ball bleiben muss, um nicht DEN einen Megatrend des Jahres zu verpassen. Nein, all das muss ja auch irgendwie finanziert werden. Also schiebt man fleißig Überstunden, Stress zu haben liegt ja eh im Trend.

Beweglich – beweg dich

Bei all dem Stress dürfen wir natürlich unsere Gesundheit nicht aus den Augen verlieren. Die innere Balance findet angeblich man Meerjungfrauenschwimmen, Goat Yoga (Yoga mit Ziegen) oder anderen Disziplinen wieder. Nicht falsch verstehen, ich mag Ziegen – aber sie müssen nicht auf mir rumturnen, und ich nicht unter ihnen. Im Grunde werden bekannte Sportarten miteinander oder irgendeinem Quatsch (es gibt sogar Bier Yoga) kombiniert und unter phantasievollen Namensschöpfungen neu vermarktet. Oder man drückt Altbekanntem wie dem guten alten Trimm-Dich den schicken Retrostempel auf und verkauft es als den heißesten Sch…

Ziegen besser ohne Yoga – die sind auch so Entspannungsvorbilder

Alles, was unter dem Label Fitness läuft, verkauft sich quasi von selbst, vor allem zu Jahresanfang. Sicher lässt sich mit etwas Abwechslung die Lust auf Bewegung  wieder steigern und man findet womöglich eine neue Leidenschaft. Allerdings sollte man dabei keine all zu hohen Erwartungen hegen. Ohne Eigeninitiative und Ausdauer werden wir nämlich kein bisschen gesünder und fitter.

Besseresser

Und wenn wir schon beim Thema Gesundheit sind, führt natürlich kein Weg an Omega 3, Antioxidantien und Probiotika vorbei. Alles, was eine gesundheitsfördernde Wirkung verspricht, verspricht auch gewinnfördernde Wirkung bei den Herstellern von Nahrungsergänzungsmitteln. Doch wir sind ja nicht von vorgestern. Statt Pillen und Pülverchen zu schlucken, mixen wir uns lieber einen Superfood-Smoothie aus Grünkohl, Algen und Rote Beete. Na dann Prost! Da verzichte ich lieber auf Detox. Habe eh noch nicht begriffen, was ich da überhaupt detoxen soll.

Molekularküche ist ja schon wieder so was von vorgestern. Stattdessen werden alle mögliche und unmöglichen alten Gemüse- und Getreidesorten ausgegraben. Im Falle von Wurzelgemüse sogar wortwörtlich. Wer etwas auf sich hält, hat mindestens eine Unverträglichkeit, besser noch eine richtige Allergie. Die Must-haves der Lebensmittel-Intoleranzen neben Gluten, Laktose und Fructose sind heutzutage Fodmaps. Es wird verzichtet und verteufelt, was das Zeug hält. Am Ende werden aber leider auch diejenigen nur noch müde belächelt, die im Zusammenhang mit diversen Nahrungsmitteln wirklich mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen haben.

Höher, schneller, billiger

Wer modemäßig an vorderster Fashionfront mitlaufen möchte, kann sich vom gemütlichen und gechillten Feierabend verabschieden. Ganz im Sinne von Fast-Fashion landen die Kollektionen wöchentlich wechselnd in den Online-Shops. Da muss man schon täglich sämtliche Kanäle verfolgen, um ja nicht abgehängt zu werden. Nicht, dass man am Ende noch im falschen Outfit auf der Party aufschlägt. Oder noch schlimmer, in einem Outfit, das man schon mal anhatte! Wobei das ja gerade auch ein neuer Trend ist, ganz im Sinne der Nachhaltigkeit. Allerdings ist das auch jedesmal eine Schlagzeile wert „XY trägt zweimal dasselbe Kleid!!!“. Unfassbar, der Normalsterbliche wäscht seine Kleidung und zieht sie danach tatsächlich nochmal an. All den A-Z-Promis wird dieses Wissen seitens Klatschpresse wohl abgesprochen.

Und wer suchet, der findet – in Onlineforen tatsächlich die Frage, ob man am nächsten Tag dasselbe Outfit zur Arbeit tragen dürfe. All diesen Fragestellern sei einmal gesagt: Es interessiert niemanden. Kaum einer weiß, was die Kollegen am Vortag anhatten, warum sollten diese sich also für eure Garderobe interessieren? Und mal abgesehen davon, sehen diejenigen, die den aktuellen Modetrends hinterherjagen, eh alle gleich aus. Wie viel kreativer Mode sein kann, ist an diversen Nur-Ein-Kleid-Projekten wie diesem hier zu sehen. Ein voller Kleiderschrank macht keinen Trendsetter.

Sterntaler

Wer den Luxus schon nicht am eigenen Leib trägt, legt ihn sich stattdessen ins Depot. Ob Edelmarke oder Oberklasseschlitten, der neuste Geheimtipp und die besten Kursraketen werden regelmäßig angepriesen. Wer aber seine Hausaufgaben nicht macht und nur Trends und Kursen hinterherjagt, kann schnell mal eine finanzielle Bruchlandung hinlegen.

Der letzte Trend zum Geld (fehl-)investieren, waren Cannabispflanzen. Wer selbst keinen grünen Daumen hat, lässt andere für sich gärtnern. Am Ende ist leider so gar nichts gewachsen – und kein Geld rübergewachsen. Mal schauen, welcher Megatrend im kommenden Jahr die Dollarzeichen in den Augen der Anleger leuchten lässt.

Technik, die entgeistert

Nicht nur, was wir an uns tragen, auch was wir mit uns tragen ist Trends unterworfen. Wer sein Smartphone benutzt, bis es nicht mehr funktioniert, hat leider nicht verstanden, wie unsere hedonistische Konsumgesellschaft funktioniert. Ganz im Sinne der geplanten Obsoleszenz werden Design und Funktionalität regelmäßig verbessert. Wobei die Verbesserung ganz im Auge des Betrachters liegt. Wenn die Kameraauflösung mehr Pixel hat, als das menschliche Auge überhaupt wahrnehmen kann, renne ich am Ende nur noch der höchsten Zahl hinterher.  Wobei es ja nicht um die tatsächlichen Neuerungen geht, sondern eben nur darum, beim sozialen Wettbieten mithalten zu können.

Ich als angehender Maulwurf kann mit HD eh nichts anfangen. Hauptsache da vorne irgendwo bewegt sich was.

Und wem es nicht genügt, die neuste Technik am Körper zu tragen, der kann Dank Biohacking allerhand abgefahrene Gadgets gleich im Körper tragen. Erlaubt ist, was gefällt. Hauptsache man hebt sich von der grauen Masse ab.

Smarter Nestbau

Und wenn wir schon bei Technik sind, Hygge war einmal. Der digitale Nomade von heute hat natürlich wahlweise ein Tiny-House oder eine smarte Einrichtung. Im besten Fall natürlich beides. Wenn das intelligente Sofa keinen Kaffee machen kann, sich die Kleiderschrankbeleuchtung nicht automatisch an die Stimmung anpasst und der Kühlschrank nicht bei Bedarf Klopapier nachbestellt, lebt man quasi auf dem Niveau eines Neandertalers. Immerhin kann man sich dann noch bei den anonymen Gartenzwerge-Anhängern häuslich einrichten. Doch Vorsicht, auch Spießertum wird wieder hipp und wenn wir nicht aufpassen, enden wir womöglich noch mit Lavalampe und gefliestem Sofatisch im Retro-Alptraum. Zumindest kommt das dem neusten Interior-Trend Cluttercore näher, als der cleane Minimalismus-Stil.

Wenn schon nicht regelmäßig neu eingerichtet wird, dann muss zumindest zu jeder Jahreszeit und jedem Anlass angemessen dekoriert werden. Doch wehe, wenn die Wandfarbe nicht zum sommerlichen Kissenbezug passt oder noch schlimmer, die eigenen vier Wände nicht unser Bild von uns selbst wiederspiegeln. Dann ist es höchste Zeit für neuen Wind fürs Zuhause. Das war schon mal entspannter…

Ich, ich und wieder ich

Tatsächlich wird die Individualisierung immer wieder als ein großer Trend unserer Zeit genannt. Selbstdarstellung ist nicht nur in den sozialen Medien DAS große Thema. Das eigene Selbst in den Mittelpunkt zu stellen, an sich selbst zu arbeiten, für sich zu sorgen, sich selbst verwirklichen – mit den Möglichkeiten steigt auch der Druck, das Beste aus sich zu machen. Individuelle Selbstverwirklichung bei schier unbegrenzten Wahlfreiheiten ist gar nicht so einfach. Doch ein Onlinekurs hier und ein bisschen Training da, schon sind wir unserem Ziel, was auch immer das ist, wieder ein Stückchen näher.

Schade nur, dass wir uns bei all der permanenten Reizüberflutung selbst kaum noch wahrnehmen. Wäre es nicht schön, einfach mal nur zufrieden sein, mit dem was man hat, dankbar für das, was ein gesunder Körper leistet, auch wenn er so gar nicht dem aktuellen Schönheitstrends entspricht. Und sich erlauben, den Moment zu genießen, ohne ständig irgendeinem Trend hinterherzurennen. Da hilft nur Digital Detox. Damit lägen wir zumindest wieder im Trend…

7 thoughts on “Was soll das nur mit diesen Trends?

  1. Ganz deiner Meinung! Witzig finde ich gerade beim Thema „Beweg dich“, dass viele alles daran setzen, ihr Leben so „faul“ wie möglich zu gestalten, dann aber auch noch Geld zusätzlich im Fitnessstudio ausgeben.

  2. Meine Güte. Was bin ich froh, dass ich so ganz und gar nicht up to date sein möchte! Das wär mir alles viel zu anstrengend. Und in so manchem kann ich einfach keinen Sinn erkennen. Vor allem dieses „schneller!höher!besser! undsowieso!!“ ist mir völlig suspekt. Allerdings stelle ich mich ganz unverfroren doch immer wieder in den Mittelpunkt. Wenn auch aus ganz anderen Gründen. Mein Credo: Wenn es mir gut geht, wenn ich ausgeglichen und fröhlich bin, wenn ich zu dem stehen kann, was ich tue- und wenn ich vor allem mein Leben mit der gebotenen Aufmerksamkeit und Wertschätzung lebe- nur dann kann ich die daraus resultierende Zufrieden- und Gelassenheit auch ausstrahlen. Was sich ja, könnte man annehmen, auch auf mein Gegenüber positiv auswirken sollte….
    Digital Detox lebe ich insofern, als dass ich z.B. kein Smartphone besitze, sondern nur ein hundsgewöhnliches, kleines Klapphandy. Ohne Inet-Anschluss. Wenn ich also in die soz.Med. eintauchen möchte muss ich mir schon die Mühe machen, mich an den Compi zu setzen. Und dann findet in der Regel so inspirierender Austausch statt wie jetzt gerade. Mit Menschen, die in etwa die selbe Lebensphilosophie mit mir teilen, die mich inspirieren und animieren. SO kann man das doch guten Gewissens vertreten, nichtwahr? 🤓
    Herzliche Grüsse!

    1. Wow, das beeindruck mich jetzt wirklich, dass du ohne Smartphone durchs Leben gehst. Ich bin irgendwann eingeknickt und habe es eigentlich ständig um mich, sei es, um Bilder aufzunehmen oder für Apps wie das Online-Banking. Aber sich selbst hin und wieder in den Mittelpunkt zu stellen, ist mit Sicherheit kein Fehler. Gerade, wenn es, wie du schreibst, um Selbstfürsorge geht. Wenn man selbst auf dem Zahnfleisch geht, ist keinem geholfen. Durfte das gerade schmerzhaft selbst erfahren, als ich mir zu viel zugemutet hab. Da hat mein Körper mir dann die Grenzen aufgezeigt, wo ich doch sonst nie krank werde. Und mein Mann musste dann alleine werkeln…

  3. da kann ich mich nur dem seufzen der hummel anschliessen 😀
    ich bin ja trendsetter. der herde nachzulaufen hat mir noch nie gefallen. und kommt der mob näher, renne ich schnell weg.
    aber immer wieder amüsant, mit was sich die leute das leben so schwermachen….
    neulich las ich: „ich arbeite schliesslich für mein geld, also kann ich damit machen was ich will!“ . genau: überfressen, umwelt verschmutzen, arten ausrotten, menschen ausbeuten – man hat ja schliesslich dafür „bezahlt“.
    auf einen WIRKLICH entspannten frühling
    😀
    xxx

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