Queen All - Diverses

Homeoffice == out of office

Die Zeiten des Präsentismus, in denen wir täglich brav von 8:00 bis 17:00 Uhr unseren Hintern im Büro breit sitzen, sind ja glücklicherweise vorbei. Viele Unternehmen haben flexibel Arbeitszeitmodelle gepaart mit der Möglichkeit, auch remote zu arbeiten. Doch leider hat das auch immer wieder zur Folge, dass sich ein ganz bestimmter Typ Mensch im Homeoffice abkapselt und dann weder für Vorgesetzte, Kollegen oder Kunden zu erreichen ist.

Ich hänge bei der AXA-Versicherung mal wieder in der Warteschleife. Heute stelle ich wohl einen neuen Rekord auf. Ganze 40 Minuten „darf“ ich mir mittlerweile die Musik anhören, immer wieder unterbrochen von der Bitte nach ein wenig mehr Geduld. Das toppt sogar die Telekom! Da macht sich unweigerlich der Eindruck breit, dass da in der Realität eigentlich gar niemand arbeitet.

Gerade im Kundenservice ist es immer schwerer, jemanden zu erreichen. Angeblich sind immer alle Mitarbeiter im Gespräch. Aber ist das wirklich so oder schaukeln die sich alle gemütlich im „Homeoffice“ die Eier?! Beim Kundenservice unserer Hausbaufirma hält man es nicht einmal mehr für notwendig, während der Service-Zeiten überhaupt ans Telefon zu gehen, geschweige denn eine Telefonansage zu installieren.

Leider erlebt man das immer häufiger, vor allem, wenn man Freitag Vormittag versucht, jemanden telefonisch zu erreichen. Der direkte Kontakt zum Kunde scheint für viele so grauenhaft zu sein, dass man alle möglichen Vermeidungsstrategien entwickelt. Erst mal darf man sich als Anrufer durch verschiedene automatisierten Abfragen kämpfen und wenn man es dann in die Warteschleife schafft, braucht man eine gehörige Portion Geduld.

Falls doch mal jemand den Anruf annimmt, hat er wahrscheinlich in den meisten Fällen völlig entnervte Kunden am Telefon. Da ruhig und entspannt zu bleiben, ist echt eine Herausforderung. Aber der Service-Mitarbeiter kann ja in den meisten Fällen überhaupt nichts für den Grund des Anrufes (und leider oft auch gar nichts tun). Wenn da dann jemand seinen Frust an diesen Leuten auslässt, ist das zwar völlig falsch adressiert aber leider nachvollziehbar. Am Ende führt es aber dazu, dass die Service-Mitarbeiter noch weniger gerne ans Telefon gehen – ein selbstgemachter Teufelskreis aus verärgerten Kunden und demotivierten Angestellten.

Falls man doch mal jemanden ans Telefon bekommt, hört man auch die immer gleiche Ausrede. Entschuldigung, es rufen gerade sehr viele Kunden an. Ach, was ist da los??? Rufen so viele an, weil es immer mehr zu bemängeln gibt? Oder spart man hier womöglich mal wieder am falschen Ende – nämlich am Personal und dessen Qualifizierung und Bezahlung? Aber wir wollen ja mal nichts unterstellen.

Leider ist es mittlerweile das gleiche Bild, egal wo man versucht, telefonisch Kontakt aufzunehmen. In Arztpraxen ist das ebenso ein Ding der Unmöglichkeit wie sogar beim Pizzalieferdienst. Gerade bei letzterem hätte ich nicht gedacht, dass man so leichtfertig seine Stammkunden vergrault. Aber weder hält man es für nötig, während der Geschäftsübergabe einen Anrufbeantworter einzurichten noch ist man zu den regulären Öffnungszeiten erreichbar. Da geht einfach niemand ran. Tja, die Nachbarn hatten auch ein paar Flyer parat und so hat man sich für den spontanen gemeinsamen Pizzaabend eben spontan auch gleich für einen neuen Lieferanten entschieden.

Ich bin nur dankbar, dass das in dem Unternehmen, in dem ich arbeite, nicht so gelebt wird. Da erreiche ich die Kollegen bei Bedarf, ganz unabhängig davon, wo sie arbeiten. Trotz oder gerade wegen der flexiblen Arbeitszeiten und der Möglichkeit, auch mal im Mobile Office zu arbeiten, funktioniert die Zusammenarbeit reibungslos. Der Fokus liegt auf den Arbeitsergebnissen, und nicht darauf seine „Zeit abzusitzen“. Da muss man dann am Ende auch keine Angst vor dem Kunde haben, der ist in der Regel nämlich viel umgänglicher, wenn man ihn nicht bis auf Blut reizt, ignoriert oder ihm irgendeinen Pfusch liefert.

An dieser Stelle kann ich nur ein richtig fettes Lob an mein Team und meine Kollegen aussprechen. Dank dieser motivierten und begeisterten Menschen verliere ich den Glauben an die Menschheit nicht.

Allerdings sehe ich einen Großteil der Bemühungen zur Verbesserung des Kundenservices in einem Großteil der Unternehmen als gescheitert. Damit wären wir wieder bei der guten alten Service-Wüste. Bleibt nur zu hoffen, dass der hiesige Baumarkt nicht wieder in alte Muster zurückfällt. Die haben es nämlich tatsächlich geschafft, ihr Image bzgl. Service komplett auf links zu drehen. Die Mitarbeiter, die angesichts nahender Kunden schnell in den nächstbesten Gang geflüchtet sind, gehören längst der Vergangenheit an. Heute wird man sogar aktiv angesprochen und bekommt kompetente Beratung und oft sogar recht schnell Hilfe. Was auch immer hier gemacht wurde – bitte, bitte setzt das auch in anderen Unternehmen um!

Ich habe es übrigens nach einer Stunde, in der ich nebenher gearbeitet habe, aufgegeben. Anscheinend arbeitet heute wirklich niemand. Und in den entsprechenden Unternehmen juckt das auch niemanden. Tja, der Kunde ist König, aber dabei soll er gefälligst keinen Aufwand verursachen.  Wenn man wenigstens auf E-Mails reagieren würde…

Falls mir jemand einen guten Tipp hat, wie man sich in solchen Fällen wehren kann – ich bin offen für alles. Ansonsten melde ich mich besser zu einem Box-Training ab, bevor ich hier noch Amok laufe.

14 thoughts on “Homeoffice == out of office

  1. Wenn man mal in anderen Ländern Kunde war, dann kann man über Deutschland tatsächlich nur den Kopf schütteln. Ich weiß nicht immer genau woran das liegt, aber es wird so eine Mischung sein zwischen Personalmangel, Ausbildung und Mentalität. Seit ich den Telefonanbieter gewechselt habe, erreiche ich immer gleich jemand, aber von der Telekom kann ich auch Geschichten erzählen… es ist einfach so frustrierend. Ich verstehe und weiß, dass der Mensch am Ende der Leitung prinzipiell nix dafür kann, aber manchmal beschleicht mich als Kunde eben auch das Gefühl, dass Verständnis und Freundlichkeit auch nicht gerade übermäßig vorhanden sind, und das ärgert mich dann.
    neulich war ich beim Sozialbürgerhaus, und erlebte mit, wie sich Bittsteller und Sicherheitsdienst an der Tür in die Haare gekriegt haben, beide offensichtlich auf Krawall gebürstet. Da sollte das Amt meiner Meinung nach halt Leute einstellen, die deeskalieren…
    Herzlichen Gruß und ich hoffe, du hast inzwischen jemanden erreicht… :-))

    1. Deeskalieren wäre immer die bessere Wahl, das lernt man in Schulungen für einen guten Kundenservice auch. Da muss man dann auch nicht immer Recht haben bzw. hört auch einfach mal zu – und zwar richtig. Aber das ist halt auch nicht jedem in die Wiege gelegt und man kann nicht einfach jeden auf Kunden loslassen oder umgekehrt nicht auf jeden kann man die Kunden loslassen.
      Ich habe tatsächlich nach mehrfachen Versuchen und insgesamt bestimmt 2 Stunden Warteschleife aufgegeben. Wechseln ist keine Option, da die Versicherung im Gesamtpaket fürs Haus enthalten ist. Aber da gibt es noch eine Versicherungsmaklerin, über die viel läuft. Die ruft immerhin zurück und kann sehr gut mit Kunden – ob sie dann tatsächlich auch etwas macht, steht auf einem anderen Blatt…

  2. Horror sowas. Da fällt mir nur Einschreiben mit Rückschein ein. Ist aber auch irgendwie schräg. Oder Versicherung wechseln, aber wohin? Gibts irgendwo Kundenservice oder wenigstens eine funktionierende Onlineplattform, wo man alles, was wichtig ist, zügig regeln kann?

    1. Langfristig werden wir bestimmt die Versicherung wechseln, aber eher wenn wir wo anders ein besseres Angebot bekommen. Ich fürchte, der Kundenservice schenkt sich da nichts, die sind alle ähnlich überlastet. Normalerweise mache ich eh am liebsten alles online, das ging in diesem Fall nur leider nicht. Da läuft alles noch über eine Art Versicherungsagentin, die vom Hausbauer bestellt ist. Da die aber auch nicht so richtig in die Pötte kommt und ich keine Fallnummer habe, wollte ich eigentlich „nur“ mal nach dem Stand der Dinge fragen…

  3. Man kann auch zur Arztpraxis fahren und sich dort einen Termin geben lassen – falls man dann den dort bekommt. Ich erlebte mal vor gut 10 Jahren eine Frau mit starkem Juckreiz, die wollte man nicht einmal mit X Stunden Wartezeit reinlassen.

    1. Arztpraxen sind ja sowieso ein ganz eigener Kosmos mit einer parallelen Zeitrechnung. Selbst wenn man einen Termin ergattert hat, darf man ja noch Stunden warten. Da mein Hausarzt urlaubsbedingt nicht erreichbar war, musste ich neulich zur Vertretung. Da saß ich dann trotz Termin über eine Stunde und es gab nicht mal Zeitschriften. Da geht man schon von aus, dass alle aufs Handy starren. Aber was will man machen, man ist ja der Bittsteller und braucht Hilfe.

  4. Wie gut, dass ich praktisch nie was mit Kundenservicen zu tun hab….Aber ich stell mir diesen Job ziemlich übel vor. Tagaus, tagein nur genervte Menschen an der Strippe, die dann auch nicht mehr unterscheiden, dass das akkustische Vis-à-vis grundsätzlich nichts dafür kann. Muss echt anstrengend sein.
    Was ich aber ganz genau beurteilen kann ist die Geschichte mit den Arztpraxen. Bei uns am Spital werden ja auch normale Sprechstunden angeboten. Natürlich versuchen wir, so wenig Wartezeiten wie möglich zu generieren. Aber grade auf unserm Gebiet (Gynäkologie und Geburtshilfe) kanns halt einfach immer wieder passieren, dass ein Baby jetzt, und genau jetzt!, das Licht der Welt erblicken möchte, und eine/r unserer Ärzte/innen in den Gebärsaal rennen muss. Tja, wer dann nicht warten möchte von den ambulanten Patientinnen muss einfach nach Hause gehen und einen neuen Termin vereinbaren. Da kann man sich noch so abmühen mit der Agenda und versuchen, möglichst effizient zu planen- zack, und schon ist alles über den Haufen geworfen. Sowieso: heutzutage, mit den vielen Hausarztpraxen, die keine Nachfolger finden, mit dem Fachkräftemangel und, man muss es einfach auch erwähnen, mit den anspruchsvollen Patienten, die wegen jedem Wehwehchen zum Arzt rennen oder für ihr gesundheitliches Problem eine Zweit- oder gar eine Drittmeinung verlangen, seh ich da in Zukunft auch kein Licht am Horizont. Trotzdem: verglichen mit andern Ländern sind wir ja noch gut bedient. Noch.
    Herzliche Grüsse!

    1. Wenn ich bei meiner Frauenärztin zwei Stunden warten muss (was trotz Termin schon vorgekommen ist), nehme ich das auch gelassen. Bin ja nur zur Vorsorge da und da haben für mich Schwangere Vorrang. Die können ja einfach auch nicht schon Monate im Voraus Arzttermine planen. Viel mehr nervt es mich, wenn ich einfach überhaupt nicht mehr telefonisch durch komme, um überhaupt mal nach einem Termin zu fragen. Bei der ehemaligen Hausärztin konnte man über Tage niemanden an die Strippe bekommen, selbst wenn man es über Stunden immer wieder versucht hat. Da ging es zum Glück nur ums Impfen aber was, wenn es tatsächlich mal dringend ist?! Habe jetzt zum Glück einen anderen Arzt gefunden. Der ist sehr putzig – ich bin so selten da, dass er mich jedes mal wieder fragt, wo ich arbeite. Verständlich, wenn man im Minutentakt Patienten behandeln muss. Aber da sieht man auch, wie gut alle dort Hand in Hand arbeiten. Viel los ist da nämlich auch. Hypochonder, die ständig und ohne triftigen Grund zum Arzt rennen, vergrößern das Problem zwar. Aber ich glaube, lösen kann man das nur mit guter Politik und einem auf links gedrehten Krankenkassensystem. Nicht, dass wir uns da irgendwann doch mal bei den anderen Ländern einreihen 😉

  5. Ich habe lange am anderen Ende der Leitung gesessen. Das war in einer Behörde und wir waren so unterbesetzt, dass wir oft für zwei Plätze im Service-Zentrum und zwei Telefonstellen genau drei Leute hatten. Die eigentlich in ihrer Arbeitszeit die Anträge bearbeiten sollten, damit nicht ständig die Leute anrufen, wo denn das Geld bleibt.
    Ich vermute, dass das mit dem Service wird eher schlimmer, weil diese Stellen unterirdisch bezahlt und extrem stressig sind. Für das Geld kann man genauso gut im Verkauf arbeiten, da hat man wenigstens noch normalen Kontakt zu den Kunden.
    Da ich sowieso ungern wo anrufe, sondern das meiste per E-Mail mache, hier einen Tipp, den mir eine Bekannte gegeben hat: Email schreiben und um Rückruf bitten. Das ist dann meistens auch eine kurze Geschichte, da sich die Zurückrufende Person bereits in den Fall einarbeiten kann.
    Viel Erfolg also.
    Gruß Susan

    1. Das mit dem Rückruf ist nett gemeint aber für mich nicht machbar. Ich arbeite tagsüber und kann dann oft nicht ans Telefon, wenn sich endlich mal jemand meldet. Daher lasse ich lieber im Homeoffice die Warteschleife laufen und mache nebenher etwas anderes. Nerven tut es trotzdem, zumal die „Unterhaltungsmusik“ echt fiese Ohrwürmer einbrennt. Am liebsten wäre mir ja eine komplett schriftliche Kommunikation aber oft will betreffende Fa. keine schriftlichen Aussagen tätigen. Darauf könnte ich mich ja im Nachgang berufen. Da bleibt am Ende halt nur, sich in Geduld zu üben.

  6. Liebe Queen of All! Du sprichst mit aus der Seele. Ich habe diese Erfahrung mit einem gewissen Internetanbieter gemacht der nicht T****kom heißt sondern V*****on. Irgendwann war ich so aggro – weil sechs Wochen ohne Internet, für mich als remote arbeitende Selbständige eine mittlere Katastrophe – dass ich nach 20 Minuten Warteschleife den Call Center Agent, der das Pech dran zu gehen, erstmal richtig angemacht habe. Internet hat dann zwar immer noch nicht funktioniert (wir haben uns dann mit einer Homebox eines anderen Anbieters ausgeholfen), aber zumindest gab es eine Gutschrift.

    1. Ich verkneife mir konsequent, meinen Frust am den armen Tropf am anderen Ende der Leitung abzulassen. Nur bei offensichtlicher Inkompetenz bzw. wenn ich glaube, der will mich einfach abwimmeln, bin ich dann nicht mehr nett. Bei unserem doch recht bemühten Internet-Anbieter bin ich damit weit gekommen. Wir hatten immer Internet, anfangs über LTE und sogar kostenlos. Aber wenn ich den bekannten Werbesong höre, stellen sich trotzdem noch die Nackenhaare hoch.

  7. Ich hatte während meines Studiums (das war sogar noch vor der Corona- und Homeoffice-Zeit) mal die Idee, in einem Callcenter zu jobben und wurde eingeladen, mir das Ganze mal anzuschauen. Es ging um einen Telefonanbieter (was ich verher nicht wusste), bei dem sehr viele Kunden anriefen – die Mitarbeiter hätten also fast pausenlos telefonieren können. Während ich dort war, war das aber nicht der Fall: Anrufe wurden weggedrückt, um sich noch länger mit den Kollegen unterhalten zu können, und wenn man doch ran ging, dann nur unter falschem Namen. Alles überhaupt nich kundenfreundlich. Ich wusste nach wenigen Minuten: hier arbeite ich nicht, dann gehe ich doch lieber wieder in die Gastronomie

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert